Silvesterlauf und das rosa Trikot

1. Januar 2016von Helmut Schuck0

Wow, welch eine Zeit: 37:07. Seit über sieben Jahren nicht mehr so schnell gelaufen und beim Silvesterlauf sowieso nicht. 17. Gesamt und Zweiter in meiner Altersklasse aber das war bei diesem Lauf reine Nebensache. Der Verlierer zieht das rosa Trikot an!

Und so erging es Helmut. Aber ganz von vorne:

Genau vor einem Jahr laberte ein etwas angetrunkener, übergewichtiger Runner in die Kameras er würde mich 2015 beim Silvesterlauf schlagen. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt eine 41er Zeit in den Waldboden gestampft. Die meisten Runners lachten laut und auch ich schaute natürlich verdutzt aber glaubte zu erwarten was zu erwarten war. Es sagte schließlich nicht jemand, der sich nicht auskannte. Nein, auf keinen Fall. Wolfgang Seifert (Seifi) ist seit er im Sportgeschäft dabei ist, ein ernst zu nehmender Gegner. Leider allerdings in den letzten Jahren etwas aus der Spur geraten. Bei 30 kg zu viel auf den Rippen darf man das sagen.

Es kam wie es kommen musste. Im Dezember stand auf der Runners AfterXmasParty ein dünner Mensch auf der Bühne, nahm den Pokal „Runner des Jahres“ entgegen und stampfte mit den Hufen. „Hier bin ich. Ich bin bereit. Kein Gramm Fett.! Natürlich war es uns nicht neu. Wir konnten den positiven Verlauf das ganze Jahr mit beobachten.

Normalerweise lasse ich mich gerne im Spätjahr etwas gehen und erlege den Dominosteinen und Lebkuchen. Nicht ganz in diesem Jahr. Nach meinem Frankfurt Marathon im Oktober mit auch nicht schlechten 2:58 habe ich die Wochenlaufkilometer reduziert jedoch zweimal statt einmal Intervalle eingebaut. (plus Dominosteine…)

Wetteinsatz: Eine Wette ohne Wetteinsatz macht keinen Spaß. Seifi sagte schon 2014 er würde 2015 im rosa Runners-Trikot alle Wettbewerbe bestreiten, wenn er mich nicht schlägt. Eigentlich hatte ich nichts zu verlieren, merkte aber, dass mein Umfeld einen Sieg gegen den doch großspurigen Seifi forderte.

Wisst ihr was Druck ist? Das ist Druck! Denn jetzt kommt HSH ins Spiel. HSH bedeutet HighSpeedHippler. Andreas Hippler ist ein Top Läufer der als Runner ständig auf dem M40er Podest steht. Anfang Dezember beim Nikolauslauf Halbmarathon in Hassloch geht mal eben Seifi an HSH bei Km14 vorbei und sicherte sich mit 1:22 und 30 Sek. Vorsprung den internen Sieg.

EinsZweiUndZwanzig. Das bin ich noch nie gelaufen. Ich gab mir in Hassloch die 7Km und konnte den Helden nur verdutzt zuschauen. Meine Zeit war mal gerade 10sek schneller pro Km. Die hätten mich versägt. An diesem Tag war ich mir sicher.

Daraufhin habe ich mein Trainingsumfang doch nochmal angezogen und hoffte auf mich und meine Form.

Auf der AfterXmasParty zeigte ich Seifi das rosa Shirt, welches ich im Vorfeld gekauft habe und Carmen zu mir meinte es würde mir auch stehen. Na Super! Denn, ich habe ja auch ne große Klappe (vom Hörensagen, ich kann es nicht bestätigen) und bot Seifi an, wenn er mich schlägt so laufe auch ich an drei Wettkämpfen in Rosa aaaaaaber? Und jetzt meine Idee. Ich nehme noch HSH mit ins Boot. Derjenige, der als letzter von uns Drei ins Ziel kommt trägt 2016 rosa. Als Runners-Seriensieger willigte er zuversichtlich ein. Drei Männer – Ein Trikot – Ein Rosanes.

Ich bin mir nicht sicher wann ich zuletzt so auf mein Gewicht geachtet habe wie die letzten drei Tage vor Silvester. Nix Schokolade. Ebenso das Training die letzte Woche runtergefahren. Mit 67,3 Kg gehe ich an den Start.

Vor dem Lauf die üblichen Sprüche wie: “Gehst Du wieder so schnell an” oder “Auf einen Sprint mit dir darf ich es nicht ankommen lassen”. Da meinten die Jungs mich denn offenbar kann ich ganz gut sprinten. Aber kann ich es überhaupt ausspielen? Verlassen mich nicht vorher die Kräfte? Ich gebe es ehrlich zu. All zu viel hätte ich auf mich an diesem Tag nicht gesetzt. Beim Warmlaufen mit Andreas sagte er mir aber etwas Interessantes. “Oh man Helmut. Ich verspüre zum ersten mal Druck. Bei meinen sonstigen Läufen renne ich um meine Bestzeit und jetzt?” Das hat mir kommentarlos gefallen.

Schuss. Es geht los. HSH schießt wie immer nach vorne und schlägt ein Tempo an welches auch er wissen sollte es nie halten zu können. Aber scheiß drauf. Er macht es und wir alle haben damit zu kämpfen. Seifi hinterher. Er startet etwas verhaltener und schenkt HSH ein paar Meter. Ich hinter Seifi. Verhalten? 3:35 der erste Km. Mein Plan schien einfacher als der meiner Gegner. Ich musste nur dran bleiben denn dann kam die Stadionrunde. Wie war das mit dem Sprint? Aber soweit waren wir noch lange nicht. Bei Km zwei schließt sich die Lücke. 3:44. HSH, Seifi und ich im Schlepptau. Soweit so gut. Diese Situation habe ich in meinen Trainingsläufen mental durchgeknobelt. Selbst wenn Andreas, der eigentlich auf der Zehner-Distanz der Stärkste ist, jetzt anziehen sollte und ich mit Seifi hinterher hechlen würde, war ich mental vorbereitet.

Erstens kommt es anders… Bei Km drei geht Seifi an die Spitze. Was macht denn der?, denke ich. Ganz leicht forciert er das Tempo und?, uuuund? HSH geht nicht mit. Ich wie immer knapp dahinter. Was soll das? Seifi? Bist du verrückt? Das war nicht mein Plan. In meinem Kopf rattert es. Ich fühle mich gut, nein ich fühle mich stark und dennoch. Ich habe nicht die Eier auch zu überholen um Seifi zu folgen. Ich baue auf HSH. Er sollte die Lücke schließen. Das Gegenteil war allerdings der Fall. Das Tempo von Andreas wird etwas langsamer und der Abstand zu Seifi immer größer. Ich war jetzt nur auf das rosa Trikot fixiert. Zwischen Km vier und acht sollte sich nicht viel tun. Seifi in den Kurven fast nicht mehr zu sehen und ich direkt hinter Andreas. Platz Eins war gegessen.

Der “schäumende” Gewinner

Endspurt: Ja das ist meins. Wenn ich in Form bin kann ich das und ich war in Form. Nur wann? Ein laaaanger Sprint oder doch warten bis zur Bahn die letzten 300m? Immerhin war auch mein Puls eine lange gerade von 165 von 175max. Bei Km acht schien mir HSH etwas zu beschleunigen. War das ein Versuch mich abzuhängen? Bei allem Respekt. Heute nicht. Ich hatte einen Plan um mir sicher zu sein was ich tat.

Manchmal bin ich auch ein listiges Kerlchen. Mit fast 52 darf man auch mal seine Erfahrung ausspielen. Ich überlegte mir ihn zu fragen ob er nicht doch noch Seifi einholen möchte. Zugegeben war das eine, zu diesem Zeitpunkt, absurde Frage. Er müsste daraufhin etwas überlegen was er denn sagen sollte und in dieser Zeit schieße ich an ihm vorbei. Das fand ich gut.

Nun zur Realität: Helmut einen Meter hinter HSH: “Auf komm, hol noch den Seifi” Die direkte Antwort konnte ich nicht wirklich hören. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bestimmt 20Meter Vorsprung. Nur noch: “Ahhhhhhhhhchkhks, ähhhhhhhhhckhcksk” Da mussten es aber auch schon 40 gewesen sein. Ich habe es nicht gesehen. Auf meiner Garminauswertung gibt es einen senkrechten Strich nach oben von aktuellen 3:45 auf 2:39, bin ca. 200m unter 3min/Km gelaufen. (Das machen die Kenianer übrigens 42km lang, krrrrrr)

Herzfrequenz mal eben .. zack nach oben!

Das reichte um das Stadion zu sehen beziehungsweise das unsere Fans mich sahen. Die taten alles daran mich ins Ziel zu tragen. Genial.

Helle in der Zielkurve
HSH auf den letzten Metern

Fazit: Seifi war mit 36:36, 30 Sekunden vor mir. Absolut verdient. Er hat sein Herz in beide Hände genommen und den Lauf von vorne gewonnen. Respekt erstens für diese Taktik und natürlich zweitens generell für diese Leistung im gesamten Jahr. Auch ich gab dir meine Stimme zum Runner des Jahres. Andreas war glaube ich etwas überfordert mit unseren Leistungen, die sich ihm genähert haben und unser beider Taktik. Ich glaube, er hat einfach nicht damit gerechnet. Zwei Wochen zuvor hatte er noch 40Sek. Vorsprung beim 8,8Km Vorsilvesterlauf auf mich. Da hatte ich einen 158er Durchschnittspuls. Jetzt waren es 164. Aber wenn einer das Trikot tragen kann dann dieser absolut durchtrainierte, braungebrannte Typ ;-)

Und zu mir? Mmmm. Ich habe ne super Zeit gelaufen. Und? Ich war Zweiter von uns Drei. Seifi genießt Platz 1 und Andreas den Wirbel um sein rosa Trikot. Beides gönne ich Euch. Ich mag Euch von Herzen und wünsche uns noch tolle Läufe 2016. Da gehe ich wieder „ALL IN“ Versprochen.

“Tempogefühl habe ich nur beim Naseputzen”

Helle, Seifi, HSH
Helmut Schuck

Helmut Schuck

Einen Kommentar hinterlassen